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Recht des Versicherungsvermittlers
Das Recht des Versicherungsvermittlers und insbesondere des Versicherungsmaklers
Das Recht der Versicherungsvermittler hat eine zivilrechtliche und eine öffentlich-rechtliche Komponente. Versicherungsvermittler sind zunächst Kaufleute im Sinne des § 1 Abs. 2 Ziffer 7 HGB. Als solche unterliegen sie den Vorschriften des Handelsrechts. Hieraus folgt eine Reihe von Grundpflichten wie die folgenden:
Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB). Insoweit ist eine auf Dauer angelegte Tätigkeit, die auf eine Vielzahl von Geschäften als Ganzes ausgerichtet ist, erforderlich.
Das Vorhandensein eines Handelsgewerbes ist zudem das erste Abgrenzungsmerkmal des Versicherungsmaklers vom Zivilmakler des § 652 Abs. 1 BGB. Anders als der Zivilmakler ist der Versicherungsmakler dem Versicherungsnehmer zudem auch zur Tätigkeit verpflichtet, woraus eine später zu erörternde Haftung resultieren kann. Der Versicherungsmakler ist Handelsmakler im Sinne von § 93 HGB.
Der Versicherungsvertreter dagegen findet, sofern er selbstständig ist, seine gesetzliche Regelung in den §§ 84, 92 HGB. Der angestellte Versicherungsvertreter zeichnet sich dagegen durch einen Anstellungsvertrag zum Versicherungsunternehmen aus. Auf ihn findet weder das HGB noch die Gewerbeordnung (GewO) Anwendung.
Der Versicherungsmakler und der selbstständige Versicherungsvertreter dürfen dagegen ohne eine gewerberechtliche Erlaubnis ihre Tätigkeit nicht aufnehmen.
Transparenz im Vermittlerwesen durch Vermittlerregister
Während der Versicherungsvertreter früher bereits im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Erwähnung fand, ist dort nun ebenfalls der Versicherungsmakler das erste Mal ausdrücklich erwähnt (§ 59 Abs. 1 VVG). Zur Schaffung von Transparenz sind beide gem. § 34d Abs. 1 GewO angehalten, sich in einem beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) elektronisch für jedermann einsehbaren Vermittlerregister erfassen zu lassen. Zuständige Stellen für die Registrierung sind die örtlichen Industrie- und Handelskammern.
Ein Versicherungsvermittler kann sich nicht in mehreren Kategorien des Versicherungsvermittlerregisters eintragen lassen (z.B. gleichzeitig als Versicherungsmakler und als Versicherungsvertreter).
Im Vermittlerregister werden folgende Informationen des Versicherungsvermittlers erfasst:
Tabelle 1
In der Gewerbeordnung (GewO) werden folgende Arten von Versicherungsvermittler unterschieden:
Tabelle 2
Gem. § 34 d Abs. II GewO ist die Erlaubnis, als Versicherungsvermittler tätig zu werden, an typische gewerberechtliche Voraussetzungen wie zum Beispiel der Zuverlässigkeit aber auch an den Abschuss einer Berufshaftpflichtversicherung geknüpft.
Aufgaben und Funktion des Versicherungsvermittlers
Gem. § 59 I VVG ist der Versicherungsvermittler der Oberbegriff zu Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter. Hierbei handelt es sich um juristische oder natürliche Personen, deren Geschäftsgegenstand die Vermittlung von Versicherungsschutz zwischen einem Versicherungsunternehmen und einem Versicherungsnehmer ist.
Im Nachgang zur Erstberatung und zum Verkauf von Versicherungsprodukten übernimmt der Versicherungsvermittler regelmäßig auch die Betreuung der versicherten Kunden und vielfach weitere betriebswirtschaftliche Funktionen für das Versicherungsunternehmen, z.B. das Prämieninkasso und die Schadenbearbeitung. Als Vergütung für seine Leistungen erhält der Versicherungsvermittler insbesondere Provisionen in Form von Abschlussprovisionen und Bestandsprovisionen oder Courtagen.
Abgrenzung Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter
Die Aufgabe des Versicherungsmaklers ist die Vermittlung von Versicherungsverträgen. Insoweit muss er unabhängig von den jeweiligen Versicherern sein (§ 59 III VVG). Der Versicherungsmakler ist alleiniger Vertreter der Interessen des Versicherungsnehmers gegenüber den Versicherern. Allerdings erhält der Versicherungsmakler – was nicht ganz unproblematisch ist - seine Vergütung von den Versicherern.
Der Versicherungsmakler lässt sich also scharf vom Versicherungsvertreter abgrenzen. Dieser ist gem. § 59 Absatz 2 VVG derjenige, welcher ausschließlich an einen oder mehrere Versicherer vertraglich gebunden ist. Einen Vertrag mit dem Versicherungsnehmer hat er im Normalfall nicht.
Dennoch hat der BGH (Urteil vom 06.11.2013, I ZR 104/12) entschieden, dass ein Versicherungsvertreter durchaus auch Nettopolicen vertreiben darf. Bei einer Nettopolice enthält die Versicherungsprämie keine Provision für die Vertragsvermittlung. Neben dem Versicherungsvertrag kommt zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Vermittler eine separate Vergütungsabrede zustande. Derartige Vereinbarungen, so das Gericht, verstoßen nicht gegen den Status als Versicherungsvermittler.
Der Versicherungsvertreter ist Teil der Absatzorganisation des Versicherers.
Mit dem § 59 Abs. 3 S. 2 VVG hat auch der Makleragent oder Pseudomakler Eingang in das Gesetz gefunden. Firmiert ein Versicherungsvermittler (§ 59 Abs. 1 VVG) nach außen als Makler, führt jedoch einem einzigen Versicherer das gesamte Geschäft zu, so handelt es sich bei ihm um einen Versicherungsvertreter. Allerdings führt die gesetzliche Fiktion des § 59 Abs. 3 S. 2 VVG dazu, dass der Makleragent dem Versicherungsnehmer gegenüber wie ein Makler und damit wesentlich strenger als ein Versicherungsvertreter haftet.
Die Handlungsweise des Makleragenten stellt eine Täuschung des Publikums dar. Dies kann auch für den Versicherer negative Folgen haben.
So warb zum Beispiel im Februar 2012 ein Versicherungsvermittler eines großen Finanzdienstleisters damit, als unabhängiger Finanzoptimierer zu fungieren und handelte damit nach außen als Makler. Dabei wurde eine Kranken- und Krankentagegeldversicherung unter Nutzung eines eigenen Antragsformulars abgeschlossen. Da laut Versicherer die Gesundheitsfragen vom Kunden nicht richtig beantwortet wurden, trat die Gesellschaft vom Vertrag zurück. Der Kunde bestand allerdings auf einer Fortführung des Versicherungsvertrages, da er schließlich nicht die Fragen des Versicherers, sondern die des Maklers beantwortet hatte, der sich als unabhängig bezeichnete. Somit gab es keine falsch beantworteten Fragen, da diese scheinbar vom Makler gestellt wurden. Der Kunde bekam aufgrund des Urteils vom LG Dortmund (24. 2. 2012 – 2 O 144/11) Recht.
Gesetzliche Grundlagen der Vermittlerpflichten
Das Gesetz zur Neuregelung des Vermittlerrechts kodifiziert Informations- und Beratungspflichten des Versicherungsvermittlers.
Pflichten des Versicherungsvermittlers
Tabelle 3
Der Versicherungsvermittler muss dem Versicherungsnehmer gem. § 11 VersVermV bereits beim ersten Geschäftskontakt klar und verständlich in Textform (§ 126 b BGB) unter anderem über die in obiger Tabelle 1 aufgelisteten Tatbestände informieren.
Zudem ist bekannt zu geben, ob und gegebenenfalls welche direkte und indirekte Beteiligungen von mehr als 10% er am Geschäftsbetrieb eines Versicherers oder umgekehrt ein Versicherer an seinem Geschäftsbetrieb hat.
Unterlässt er dies, drohen im öffentlich-rechtliche Sanktionen gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 VersVermV, § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO. Es kann gegen ihn eine Geldbuße von bis zu € 2.500 (Ordnungswidrigkeit) verhängt und eventuell seine Gewerbeerlaubnis von der zuständigen Handelskammer widerrufen werden.
Der Versicherungsvertreter unterscheidet sich wie bereits angedeutet vom Versicherungsmakler durch das Fehlen einer ständigen Geschäftsbeziehung zum Versicherungsnehmer (Ausnahme: Nettopolicen). Der Versicherungsmakler unterhält dagegen zum Versicherungsnehmer einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter, aus dem sich für ihn verschiedene Pflichten zum Tätigwerden ergeben.
Der Versicherungsvertreter dagegen ist an den Versicherer vertraglich gebunden. So wie der Versicherungsmakler die in obiger Tabelle 3 erfassten Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer hat, ist der Versicherungsvertreter dem Versicherer verpflichtet.
Die Pflichten des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer sind allerdings stärker ausgeprägt.
Denn anders als der Versicherungsvertreter, dem der in Versicherungsdingen erfahrene Apparat des Versicherers gegenübersteht, hat der Versicherungsmakler gerade dafür zu sorgen, dass das Wissensdefizit des in Versicherungssachen unerfahrene Versicherungsnehmer durch ihn ausgeglichen wird.
Der BGH (Sachwalter-Urteil vom 22.05.1985 IVa ZR 190/83) sieht den Versicherungsmakler ähnlich wir den Steuerberater und Rechtsanwalt als Sachwalter des Versicherungsnehmers. Aus dieser Stellung ergibt sich als oberstes Gebot des Versicherungsmaklers die Pflicht, die Interessen des Versicherungsnehmers in optimaler Weise wahrzunehmen. Zur Interessenwahrnehmungspflicht gehört, dass der Versicherungsmakler dem Versicherungsnehmer angemessene Vorschläge unterbreitet und den Versicherungsnehmer vor erkennbaren Gefahren warnt.
Vertragsbezogene Mitteilungspflichten
Vielfach wurde in der Vergangenheit insoweit oft vom best advice gesprochen. Mit der Einführung des § 60 Abs. 1 S. 1 VVG ist dagegen klargestellt, dass der Versicherungsmakler nicht die praktisch unmöglich zu erfüllende Pflicht der Besorgung preiswertesten und besten Versicherungsschutzes hat. Der Versicherungsmakler muss geeigneten Versicherungsschutz besorgen. Er schuldet also nicht best advice, wie es der englische Markt kennt, sondern suitable advice.
Des Weiteren hat der Versicherungsmakler anders als der Versicherungsvertreter eine stärker ausgeprägte Aufklärungs- und Beratungspflicht. Auch insoweit ist das Sachwalter-Urteil des BGH zur näheren Konkretisierung heranzuziehen. Der damals im Jahre 1985 entschiedene Fall lässt sich folgendermaßen skizzieren:
Ein Versicherungsmakler sollte für einen Kunden ein Lager u.a. gegen Einbruch versichern. Dazu legte er zunächst eine vorläufige Deckungsbestätigung des Versicherers vor. Gemeinsam mit dem Versicherer hat der Versicherungsnehmer eine Ortsbesichtigung vorgenommen. Der Makler war bei der Ortsbesichtigung nicht dabei. Der Versicherer forderte den Einbau von technischen Sicherungseinrichtungen unter anderem gegen Diebstahl. Ohne diese zusätzliche Sicherheit war der Versicherer nicht bereit, den Versicherungsvertrag endgültig zustande kommen zu lassen.
Der Versicherungsmakler wurde von dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer informiert. In einem Gespräch mit dem Versicherungsnehmer beharrte der Versicherungsmakler allerdings nicht auf den Einbau der Sicherungsmaßnahme und gab seine Hoffnung zum Ausdruck, der Versicherungsvertrag werde nun bald zustande kommen.
Der Versicherungsnehmer tat jedoch nichts. Die vorläufige Deckung lief aus und der Hauptvertrag kam nicht zustande. Daraufhin kam es zu einem Einbruchdiebstahl, der nicht versichert war.
Der BGH verurteilte den Versicherungsmakler zum Schadenersatz, weil er nicht auf den Einbau der Einbruchdiebstahlanlage gedrungen hat und vielmehr den Eindruck erweckt hatte, dass der Versicherungsvertrag auch ohne zusätzliche Sicherheit zustande kommt.
Anders als der Versicherungsvertreter schuldet der Versicherungsmakler seinem Kunden grundsätzlich auch die Analyse des Risikos. Auf diese Analyse muss der Versicherungsmakler sodann seinen Versicherungsrat stützen und erforderlichenfalls aus eigenem Antrieb heraus für die notwendige Deckung sorgen.
§ 60 Abs. 1 VVG ist hinsichtlich der Maklerpflichten nicht abschließend. Es können sich aus dem Maklervertrag weitere Pflichten für den Makler ergeben (z.B. die Überprüfung, die Verwaltung bestehender Versicherungsverträge, die umfassende Beratung des Versicherungsnehmers in allen Versicherungsangelegenheiten).
Nur in dem Ausnahmefall des § 60 Abs. 2 VVG muss der Versicherungsmakler nur eine eingeschränkte Vertragsauswahl treffen. Im Einzelfall können auch Versicherungen ohne Marktüberblick vermittelt werden.
Wird dies allerdings zum Regelfall begeht der Versicherungsmakler eine schwere Pflichtverletzung die Rückschlüsse darauf zulässt, ob er noch die erforderliche Zuverlässigkeit hat. Die zuständige IHK kann daher seine Gewerbeerlaubnis widerrufen. Der Versicherungsmakler darf sich auch nicht ohne weiteres auf deutsche Versicherer beschränken oder die Direktversicherer nur deswegen aus der Marktauswahl herausnehmen, weil diese ihm keine Courtage zahlen.
Sofern der Versicherungsmakler gem. § 60 Abs. 1 S. 2 VVG ausdrücklich darauf hinzuweisen hatte, dass er nur eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl trifft, muss er gem. § 60 Abs. 2 VVG dem Versicherungsnehmer vor jedem Vertragsschluss mitteilen, auf welcher Markt- und
Informationsgrundlage er seine Leistung erbringen will. Des Weiteren hat er die Namen der seinem Rat zugrunde gelegten Versicherer anzugeben.
Das Gleiche gilt gem. § 60 Abs. 2 stets für den Versicherungsvertreter, der naturgemäß auf einen beschränkten Markt zugreift. Hierdurch soll dem Versicherungsnehmer ermöglicht werden, sich zumindest teilweise ein Urteil über die Fachkompetenz und die Interessengebundenheit des Versicherungsvermittlers zu bilden.
Allerdings kann der Versicherungsnehmer gem. § 60 Abs. 3 VVG auf die Mitteilungen und Angaben des § 60 Abs. 2 VVG durch gesonderte schriftliche (eigenhändig unterschriebene) Erklärung verzichten (Warnfunktion).
Die Beratungspflichten des Versicherungsvermittlers dienen dem Schutz des Versicherungsnehmers. Es ist daher nicht im Sinne des Gesetzes, wenn der Verzicht auf die Beratung zum Regelfall wird. Andererseits sind Zwangsinformation und Zwangsberatung in einer auf Privatautonomie beruhenden Privatrechtsordnung nur schwer vermittelbar (Leitbild des mündigen, entscheidungsfähigen Versicherungsnehmers).
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 08.05.2012 -XI ZR 262/10) kann ein Beratungsvertrag seitens des Versicherungsvermittlers auch konkludent geschlossen werden. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Versicherungsvermittler Kontakt zu einem Interessenten aufnimmt und den Abschluss eines bestimmten Versicherungsvertrages bewirbt.
Die Rechtsprechung bejaht bei Verletzung von Pflichten aus einem Beratungsvertrag eine Haftung aus culpa in contrahendo. Dabei wird das Verschulden des Versicherungsvermittlers widerleglich vermutet, was zu einer Beweislastumkehr führt. Der Berater muss in solchen Fällen beweisen, dass der Schaden bei dem Versicherungsinteressenten auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 22.05.1985 IVa ZR 190/83).
Als Beispiel für eine Haftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo sei der Fall genannt, dass der Versicherungssuchende sich an den Versicherungsmakler wendet, damit dieser ihm geeigneten Versicherungsschutz vermittelt. Hat nun der Versicherungsmakler in ihm zurechenbarer Weise bei seinem Kunden Vertrauen auf das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages geweckt, nimmt dann aber von weiteren Tätigkeiten in Bezug auf die Besorgung des Versicherungsvertrages Abstand, so kann er sich schadenersatzpflichtig machen. Wenn durch die Verzögerungen das Risiko bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht versichert ist, muss der Versicherungsmakler dem Interessenten den Schaden erstatten.
Der Versicherungsvermittler kann auch dann in die Haftung aus culpa in contrahendo geraten, wenn er den Versicherungsnehmer veranlasst die Gesundheitsfragen zum Beispiel einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht richtig zu beantworten. Ist der Versicherer deswegen wegen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht von der Leistungspflicht frei, so schuldet der Versicherungsvermittler gegebenenfalls Schadenersatz.
Beratungsbezogene Vermittlerpflichten
§ 61 VVG soll eine sachgerechten Kundenberatung sicherstellen. Der Versicherungsvermittler hat demnach eine anlassbezogene Fragepflicht in Bezug auf die Wünsche, und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers. Der Anlass der Fragepflicht muss für den Vermittler allerdings erkennbar gewesen sein.
Der Umfang der Beratungspflicht ist abhängig von der Höhe der Versicherungsprämie. Es kann sich aber auch bei Versicherungspolicen mit niedriger Prämie ein erhöhter Beratungsaufwand ergeben. Anders als der Versicherungsvertreter muss sich insbesondere der Versicherungsmakler auch an dieser Stelle als Sachwalter des Versicherungsnehmers sehen. Selbst bei kleinsten Prämien können seine Pflichten daher umfangreicher als die des Versicherungsvertreters sein.
Allerdings muss auch der Versicherungsvertreter die Informationen in der konkreten Vermittlungssituation im Rahmen seiner Vorschläge berücksichtigen.
Die dem Versicherungsvermittler zufallende Begründungspflicht hängt vom Schwierigkeitsgrad des Versicherungsproduktes (Vielschichtigkeit, Verständlichkeit) ab. Auch insoweit ist der Versicherungsmakler anders als der Versicherungsvertreter, der aufgrund seines beruflichen Status zwangsläufig über eine kleinere Auswahl an Versicherungsverträgen verfügt, gehalten, eine Beratung auf höchstem Niveau vorzunehmen.
Neben der Beratungspflicht konstituiert § 61 Abs. 1 VVG eine Dokumentationspflicht. Für den Versicherungsnehmer soll durch die Dokumentation leichter nachvollziehbar sein, warum er sich für den Abschluss einer konkreten Versicherung entschieden hat. Es gilt die Textform des § 126 BGB. Dem Vermittler ist zu empfehlen, sich die Vollständigkeit und Richtigkeit durch die Unterschrift des Versicherungsnehmers bestätigen zu lassen.
Analog zu § 60 Abs. 3 VVG kann der Versicherungsnehmer auch gem. § 61 Abs. 2 VVG auf die Beratung und Dokumentation verzichten. Insoweit ist eine gesonderte schriftliche Erklärung des Versicherungsnehmers erforderlich. Der Vermittler muss allerdings den Versicherungsnehmer ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers, gegen den Vermittler Schadensersatzansprüche wegen Verletzung dessen Pflichten geltend zu machen, auswirken kann. Dies ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verzicht. Die Dokumentation dient der Beweissicherung im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherungsvermittler und gleichzeitig auch der Enthaftung des Versicherungsvermittlers.
Zeitpunkt und Form der Information, § 62 VVG
Aufgrund von § 62 Abs. 1 VVG sind die vertragsbezogenen Informationen nach § 60 Abs. 2 VVG vor Abgabe der Vertragserklärung zu erteilen. Die beratungsbezogenen Informationen können vor dem Abschluss des Vertrags übermittelt werden.
Grundsätzlich ist eine mündliche Mittelung möglich. Gem. § 62 Abs.2 VVG ist die Informationserteilung in Textform aber nachzuholen.
Pflichten bei Abschluss des Versicherungsvertrages
Der Versicherungsmakler muss den Versicherungsnehmer laufend über den Stand seiner Tätigkeiten, dass Risiko bei einem oder mehreren Versicherern zu platzieren, informieren.
Im Falle erfolgloser Bemühungen muss der Versicherungsmakler dies dem Versicherungsnehmer melden. Dies gilt insbesondere dann, wenn er das Risiko nicht innerhalb der vorgegebenen Zeit in Deckung geben kann.
Im Erfolgsfall prüft er die Versicherungspolice und leitet sie an den Versicherungsnehmer weiter.
Pflichten nach Abschluss des Versicherungsvertrages
Spätestens mit der erfolgreichen Vermittlung des Versicherungsvertrages durch den Versicherungsmakler kommt zwischen ihm und dem Versicherungsnehmer auch ein Maklervertrag zustande. Dieser enthält immer einen Beratungsvertrag mit potentiellen Haftungsrisiken.
Der Versicherungsmakler hat nicht nur den Versicherungsschutz sachgerecht zustande zu bringen, sondern auch danach die Interessen des Kunden laufend zu analysieren und zu betreuen und ihm nicht zuletzt auch in der Abwicklung von Versicherungsfällen beizustehen hat.
Als Beispiel kann ein Fall, der vom BGH (Urteil vom 16.7.2009 III ZR 21/09) entschieden worden ist, angeführt werden. Der beklagte Versicherungsmakler war insoweit untätig geblieben, als dass er sich um einen der von ihm betreuten Unfallversicherung zuzuordnenden Versicherungsfall erst nach Ablauf der Frist des § 8 Abs. 2 der damals gültigen AUB kümmerte. Das OLG Düsseldorf urteilte, der Versicherungsmakler habe von sich aus prüfen müssen, ob ein Anspruch aus dem Unfallversicherungsvertrag besteht und ob Ansprüche innerhalb der vertraglichen Fristen beim Versicherer eingereicht worden sind.
Inkassovollmacht, § 64 VVG
Ohne entsprechende Vollmacht kann der Versicherer an den Versicherungsvermittler keine Zahlungen mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsnehmer vornehmen.
Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsmakler durch einen gesonderten, unterschriebenen Zusatz auf der Vollmachtsurkunde zur Entgegennahme von Leistungen des Versicherers bevollmächtigen, der Versicherungsvertreter gilt kraft gesetzlicher Vollmacht lediglich als bevollmächtigt, Zahlungen des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Abschluss eines Versicherungsvertrages anzunehmen (§ 69 Abs. 2 VVG).
Der Versicherer wird zum Schutz des Versicherungsnehmers durch Zahlung an den Versicherungsvertreter nur von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer frei, wenn der Versicherungsnehmer den Vertreter ausdrücklich zur Entgegennahme von Zahlungen durch gesonderte schriftliche Erklärung nach § 64 VVG bevollmächtigt hat.
Der § 64 VVG soll den Versicherungsnehmer davor schützen, dass eine solche
Bevollmächtigung in den AGB eines Vermittlers versteckt ist.
Ausnahmen von den vertrags- und beratungsbezogenen Pflichten der Vermittler
Gem. § 65 VVG gelten die vertrags- und beratungsbezogenen Vermittlerpflichten nicht für die Vermittlung von Versicherungen über Großrisiken. Dies sind gem. Art. 10 Abs. 2 EGGVG: Schienenfahrzeug-, Luftfahrzeug- und Schifffahrtkasko, Transportgüterversicherungen, Luftfahrzeug- und Schiffshaftpflichtversicherungen, Kredit- und Kautionsversicherungen; Versicherungen, wenn der Versicherungsnehmer mindestens zwei der folgenden drei Merkmale überschreitet: 6, 2 Mio. Euro Bilanzsumme, 12,8 Mio. Euro Nettoumsatzerlöse, im Durchschnitt des Wirtschaftsjahres 250 Arbeitnehmer).
Bei Großrisiken geht der Gesetzgeber davon aus, dass Versicherungsnehmer von Großrisiken, typischerweise hinreichend geschäftskundig sind und für ihre
Interessen selbst sorgen können.
Gem. § 210 VVG darf bei Großrisiken generell von zwingenden oder halbzwingenden Schutzvorschriften abgewichen werden.
Es ist in diesen Fällen auch keine statusbezogenen Auskunftspflichten nach § 11 VersVermV erforderlich (§ 17 S. 2 VersVermV iVm § 209 VVG).
Die Vorschriften des VVG gelten generell nicht für die Rückversicherung. Es finden die obigen Pflichten auch nicht für Rückversicherungsvermittler, deren Kunden definitionsgemäß Erstversicherer sind, Anwendung. Erstversicherer sind typischerweise geschäftskundig und kraft Marktmacht auch durchsetzungsstark.
§ 66 VVG formuliert zudem eine Ausnahme für Bagatellvermittler, die nach § 34 d IX Nr. 1 GewO auch von den gewerberechtlichen Vorschriften freigestellt werden.
Beschränkung der Haftung des Versicherungsmaklers
In Anbetracht der beträchtlichen Berufshaftung des Versicherungsmaklers stellt sich für ihn die Frage, wie er diese beschränken kann.
Schadensersatzpflicht gem. § 63 VVG
Gem. § 67 VVG ist die Haftung nach § 63 VVG nicht abdingbar. Der Versicherungsmakler kann in seinem Maklervertrag insoweit seine Haftung also nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz oder auf einen bestimmten Betrag beschränken. Dies gilt auch für seine Erfüllungsgehilfen.
§ 63 VVG ist im Verhältnis zu § 280 BGB eine Spezialnorm für die Vermittlerhaftung, sofern eine Vertragsverletzung nach §§ 60, 61 VVG gegeben ist. Der Vermittler ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer versicherungsbezogenen Pflicht gem. § 60 VVG oder einer beratungsbezogenen Pflicht gem. § 61 VVG entsteht.
Es haften also sowohl der Versicherungsmakler als auch der Versicherungsvertreter dem Versicherungsnehmer persönlich. Kann sich allerdings der Versicherungsvermittler exkulpieren, so haftet er gem. § 63 S. VVG nicht. Aufgrund dieser Beweislastregel wird das Verschulden des Versicherungsvermittlers vermutet.
Der BGH (Urteil vom 14.11.2014 III ZR 544/13) hat geurteilt, dass ein Verstoß gegen Dokumentationspflichten eine Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers rechtfertigt. Der Versicherungsvermittler, der nicht ordentlich dokumentiert hat, muss dann beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre.
Die Haftung des Versicherungsvertreters gegenüber dem Versicherungsnehmer ist in § 63 VVG abschließend geregelt. Der Versicherungsmakler dagegen kann dem Versicherungsnehmer zusätzlich noch wegen Verstoßes von Pflichten, die während der Laufzeit des Maklervertrages zu erfüllen sind, haften. Insoweit gilt gem. § 280 I BGB ein allgemeiner zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Makler seine Betreuungspflichten verletzt hat.
Aber auch insoweit ist die Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung nur in sehr engen Grenzen denkbar. Einem Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (z.B. dem schriftlichen Maklermandat) steht nämlich oftmals das AGB-Recht der §§ 305 ff BGB entgegen.
Bei der besonderen Intensität der Pflichten des Versicherungsmaklers wird oftmals von einem groben Verschulden im Sinne des § 309 Nr. 7 b) BGB auszugehen sein.
Hiervon kann sich aber der Versicherungsmakler selbst gegenüber kaufmännischen Kunden nicht freizeichnen kann. Seine Pflichten sind in der Regel Kardinalpflichten im Sinne der BGH- Rechtsprechung (BGH: Urteil vom 15.09.2005, I ZR 58/03 und I ZR 68/03) handelt. Insoweit ist allenfalls eine Freizeichnung für einfache Fahrlässigkeit möglich.
Berufshaftpflichtversicherung
Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist heute Voraussetzung der Zulassung zur Vermittlertätigkeit. Wenn im Einzelfall die Dokumentation der Pflichterfüllung und die angesprochene Kennzeichnung des begrenzten Tätigkeitsfeldes nicht weiterhelfen, es mit anderen Worten zu einer Haftung des Versicherungsmaklers gekommen ist, erweist sich die Wichtigkeit einer Berufshaftpflichtversicherung.
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