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Allgemeines Vertrags- und Leistungsrecht / Recht der privaten Krankenversicherungen


Wer eine Versicherung abschließt, geht davon aus, dass diese im Versicherungsfall auch ihre Leistungen erbringt. Wie sind aber die Fälle zu beurteilen, in denen der Versicherer nicht im vollen Umfang leistet und sich darauf beruft, dass der Versicherungsnehmer vorvertragliche Anzeigepflichten verletzt hat?

In unserer Kanzlei beobachten wir, dass in der privaten Krankenversicherung der Rücktritt des Versicherers vom Vertrag wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung einer der wesentlichen Streitpunkte in dieser Versicherungssparte ist. Die Versicherer schauen sich insbesondere im Leistungsfall sehr genau an, ob die im Antrag gestellten Gesundheitsfragen richtig beantwortet worden sind. In Folge dessen kommt es oft vor, dass sie bereits bei kleinen Ungenauigkeiten bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen vom Versicherungsvertrag zurücktreten. Nicht immer sind die Versicherer jedoch zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt. In diesem Artikel zeigen wir unter Ziffer I auf, wann Sie als Versicherungsnehmer trotz unvollständiger Angaben im Vorfeld des Vertragsabschlusses weiterhin Anspruch auf Versicherungsschutz haben.

Daneben haben wir als Rechtsanwälte uns schwerpunktmäßig mit der Frage auseinander zu setzen, welche ärztlichen Leistungen tatsächlich bedingungsgemäß vom Versicherer nach dem jeweiligen Tarif übernommen werden müssen und gegebenenfalls bzw. zu welchem Abrechungssatz. Auch insoweit geben wir Ihnen im Folgenden (unter Ziffer II) erste Informationen im Hinblick auf die wesentlichen Streitthemen, die da sind: Kostenerstattung für LASIK-Operationen, Kinderwunschbehandlungen, Zahnarztbehandlung (insbesondere den Zahnersatz durch Implantate) sowie Kostenübernahmen für Krankenhausbehandlung in bestimmten Kliniken und Kuranstalten und last but not least die Zahlung von Krankengeldern

I. Die vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers in der Krankenversicherung

1. Umfang der Anzeigepflicht

Bis zur Abgabe der Vertragserklärung hat der Versicherungsnehmer nach § 19 Abs. 1 VVG die Pflicht, die ihm bekannten Gefahrumstände dem Versicherer anzuzeigen, welche für dessen Entschluss ausschlaggebend sind, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt schließen zu wollen.

Beispiel

Für den Abschluss einer Krankenversicherung wird der Versicherer zur Risikoeinschätzung wissen wollen, welche Vorerkrankungen der zukünftige Versicherungsnehmer hatte.

Sofern der Versicherer hiernach ausdrücklich fragt, muss der zukünftige Versicherungsnehmer die Fragen richtig beantworten. Das Risiko einer Fehleinschätzung aufgrund unvollständiger Fragen liegt allerdings beim Versicherer. Von dieser Regelung darf gemäß § 32 VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Eine Besonderheit gibt es bei Vertragsabschlüssen mit dem Versicherungsvertreter. Dieser wird mit einer Empfangsvollmacht des Versicherers tätig, § 69 Abs.1 Nr.1 VVG. Der Versicherer muss sich daher die Kenntnis des Vertreters zurechnen lassen. Man spricht auch davon, dass der Versicherungsvertreter „Auge und Ohr" des Versicherers ist. Bekommt der Vertreter vom Versicherungsnehmer anzeigerelevante Informationen mitgeteilt, muss sich der Versicherer dieses Wissen zurechnen lassen.

Die Antragsfragen muss der Versicherer in Textform stellen. Es reicht nicht, dass die Fragen nur vorgelesen werden und durch den Vertreter in einen Computer eingegeben werden. Der Versicherungsnehmer muss seine Angaben selbständig überprüfen können. Die Daten müssen daher vollständig ausgedruckt und ihm zur Einsichtnahme vorgelegt werden.

Der Versicherungsnehmer genügt dann seiner Anzeigepflicht, wenn er die in Textform gestellten Fragen vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet. Er muss also nicht mehr mit der Unsicherheit leben, möglicherweise doch etwas nicht angegeben zu haben, was für den Vertragsabschluss von Bedeutung sein könnte.

2. Dauer der Anzeigepflicht

Der Versicherungsnehmer muss die vorvertragliche Anzeigepflicht bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung erfüllen. Wann dies ist hängt von dem gewählten Modell des Vertragsabschlusses ab, da die Vertragserklärungen bei den einzelnen Modellen zeitlich auseinanderfallen. Beim Antragsmodell gibt der Versicherungsnehmer gleichzeitig mit den beantworteten Gesundheitsfragen seine Vertragserklärung ab. Die Gefahrumstände sind also sofort bei Antragsstellung alle vollumfassend gemäß dem Fragenkatalog des Versicherers zu beantworten. Wird nach dem Invitiatiomodell verfahren, so lädt der zukünftige Versicherungsnehmer den Versicherer ein, ihm ein Vertragsangebot zu unterbreiten. Das eher selten vorkommende Invitatiomodell funktioniert also gewissermaßen umgekehrt wie das Antragsmodell. Hier muss der zukünftige Versicherungsnehmer bis zur Annahme des Angebotes des Versicherers alle ihm gestellten Fragen richtig und vollständig beantworten.

Ausnahmsweise kann die Anzeigepflicht auch nach Abgabe der Vertragserklärung noch fortbestehen, aber nur wenn der Versicherer in Textform erneut nachfragt.

3. Rechtsfolgen der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung

Hat ein Versicherungsnehmer einen gefahrerheblichen Umstand nicht oder falsch angezeigt, können sich für den Versicherer Rücktritts-, Anfechtungs-, Kündigungs-, oder Vertragsanpassungsmöglichkeiten ergeben. Welches Recht besteht, bestimmt sich danach, ob der Versicherungsnehmer vorsätzlich, grob fahrlässig, schuldlos, oder arglistig gehandelt hat. Außerdem müssen formale Voraussetzungen hinsichtlich Belehrung und Fristwahrung erfüllt sein.

4. Rücktrittsrecht des Versicherers bei vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung

Kennt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht und verletzt er diese bewusst (Vorsatz) kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, § 19 Abs. 2 VVG. Gleiches gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gehandelt hat, in dem er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat, die jedem in dieser Situation eingeleuchtet hätten und deshalb seine Anzeigepflicht verletzt hat.

Allerdings besteht in diesen Fällen nach § 19 Abs. 4 VVG gegebenenfalls die Möglichkeit einer Vertragsanpassung. Hier wird geprüft, ob der Versicherer auch in Kenntnis der Umstände einen Vertrag geschlossen hätte. Dementsprechend könnte dann das Vertragsverhältnis zu veränderten Bedingungen hinsichtlich Prämie oder Leistungsumfang fortgeführt werden.

5. Leistungspflicht trotz Rücktritt des Versicherers

Im Falle des Rücktritts nach Eintritt des Versicherungsfalles ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet.

Jetzt kann es aber sein, dass der Versicherungsfall eintritt, bevor der Versicherer seinen Rücktritt erklärt hat. Dann besteht dessen Leistungspflicht fort, wenn sich die Verletzung der Anzeigepflicht auf einen Umstand bezieht, der weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist, vgl. § 21 Abs. 2 VVG.

Beispiel

Nach einem Besuch beim Arzt reicht der Versicherungsnehmer die Arztrechnung beim Versicherer ein. Dabei kommt heraus, dass er damals bei Vertragsabschluss eine Vorerkrankung nicht angegeben hat. Für die Beurteilung der Einstandspflicht des Krankenversicherers für die jetzigen Arztkosten hat dies keine ursächliche Auswirkung.

Macht der Versicherer wegen einer Anzeigepflichtverletzung von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, steht ihm der Versicherungsbeitrag noch bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung zu, § 39 Abs. 1 VVG. Also nur für die Zeit, in der die Versicherung bestanden hat.

6. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Verhältnismäßig selten besteht ein Anfechtungsrecht des Versicherers bei arglistiger Täuschung gemäß § 22VVG. Die Anfechtung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Arglistiges Verhalten liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und gewollt unrichtige Angaben macht, um auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss zu nehmen. Der Versicherungsnehmer geht also davon aus, dass der Antrag nicht in der Form angenommen würde, wenn die Wahrheit bekannt wäre.

Beispiel

Der Versicherungsnehmer verneint bei Abschluss seiner Krankenversicherung eine schwere Erkrankung, damit diese nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen wird.

Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht arglistig verletzt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, § 21 Abs. 2 VVG. Die Leistungsfreiheit bezieht sich nicht nur auf die verschwiegene Krankheit, sondern auch auf alle anderen Krankheiten. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis von der Täuschungshandlung erklärt werden.

7. Kündigung wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung

Wird die Anzeigepflicht nur leicht fahrlässig verletzt oder trifft den Versicherungsnehmer gar keine Schuld, kann der Versicherer den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen, § 19 Abs. 3 VVG.

Beispiel für leichte/einfache Fahrlässigkeit.

Bei einer Krankenversicherung verneint der Versicherungsnehmer die Frage, ob er innerhalb der letzten 5 Jahre wegen Beschwerden beim Arzt gewesen sei. Tatsächlich war der letzte Arztbesuch erst 4 Jahre her, was er bei der Durchsicht seiner eigenen Unterlagen hätte erkennen können.

Die Kündigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Versicherer den Vertrag auch bei Kenntnis des nicht angezeigten Umstandes zu anderen Bedingungen geschlossen hätte, § 19 Abs. 4 VVG. Die Beweis- und Darlegungslast für die Tatsache, dass der Versicherer den Vertrag auch zu anderen Konditionen geschlossen hätte, trifft jedoch den Versicherungsnehmer. Dieser Nachweis wird oft schwierig zu führen sein.

8. Belehrungspflicht des Versicherers

Der Versicherer muss über das ihm zustehende Rücktritts- und Kündigungsrecht im Falle einer Anzeigepflichtverletzung durch gesonderte Mitteilung in Textform hingewiesen haben, § 19 Abs. 5 VVG. Diese Belehrung muss so rechtzeitig vor Vertragsabschluss erfolgen, dass der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht noch erfüllen kann.

9. Fristen

Der Versicherer muss von seinem Rücktritt- oder Kündigungsrecht innerhalb eines Monats Gebrauch machen. Dabei hat er auch die Umstände anzugeben, die zur Geltendmachung der Rechte führen. Fünf Jahre nach Vertragsschluss erlöschen diese Rechte des Versicherers, § 21 Abs. 3 VVG. Dies gilt jedoch nicht für Versicherungsfälle, die vor Ablauf dieser Frist eingetreten sind. Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder sogar arglistig verletzt, verlängert sich die Frist auf zehn Jahre.

II. Ärztliche Leistungen, die bedingungsgemäß vom Versicherer nach dem jeweiligen Tarif zu übernehmen sind

In der Regel kommt es zwischen dem privaten Krankenversicherer und seinem Versicherungsnehmer nicht zu einer Auseinandersetzung über die Erstattungspflicht von Krankheitskosten. Im Folgenden stellen wir allerdings einen Teil der problematischen Fälle dar, wie sie unserem Anwaltsbüro regelmäßig angetragen werden. In einer ganzen Reihe von Fällen haben wir für unsere Mandanten eine positive Erledigung der Streitfälle herbeiführen können.

1. LASIK Behandlung

Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine Korrektur ihrer Fehlsichtigkeit durch die Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) Behandlung. Sie kann unter Abwägung der Vor- und Nachteile sowie der bestehenden Risiken eine Alternative zu Brille oder Kontaktlinse darstellen.

Gesetzliche Krankenkassen bezahlen die Korrektur der Sehschwäche mit Augenlaser grundsätzlich nicht. Der Eingriff kostet mehrere tausend Euro und wird nicht von den Krankenkassen übernommen, da diese die LASIK als schönheitschirurgischen Eingriff werten, der nicht medizinisch notwendig ist. Eine Korrektur der Sehschwäche wäre auch mit günstigeren Mitteln wie Brille oder Kontaktlinsen möglich. Dennoch schadet es nie, auch bei gesetzlichen Krankenkassen einen Kostenantrag zu stellen. Dies gilt besonders dann, wenn man ein Einzelfall ist und das Tragen einer Sehhilfe nicht oder nicht mehr möglich ist.

Die privaten Krankenversicherer erstatten die Behandlung mit Augenlaser nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge ebenfalls nur in wenigen Fällen.

Bezüglich der Erstattung von LASIK-Rechnungen gibt es inzwischen diverse Gerichtsurteile -allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Auffassungen der Richter, was die Erstattung der Kosten für eine LASIK-Behandlung betrifft, sind in den einzelnen OLG-Bezirken unterschiedlich. Es deutet sich aber seit einiger Zeit an, dass der Bundesgerichtshof, sofern ihm ein entsprechender Fall zur Entscheidung vorgelegt würde, eine Erstattungspflicht der privaten Krankenversicherer bejahen würde. So hat eine BGH-Richterin in einem Aufsatz entsprechendes angedeutet. Die Chancen auf grundsätzliche Kostenerstattung einer LASIK-Behandlung für privat Krankenversicherte stehen auch deswegen nicht schlecht, weil private Krankenversicherer nach einem bereits seit längerem vorliegenden BGH-Urteil (Az. IV ZR 278/01) ihren Kunden bei Bedarf auch teure Spezialoperationen in Privatkliniken bezahlen müssen. Im Jahre 2003 hat ein Beamter dieses Urteil erstritten, nachdem er eine Serie von Bandscheibenvorfällen in einer Münchener Spezialklinik behandeln ließ.

Private Krankenversicherer dürfen Behandlungen also nicht zwangsläufig ablehnen, wenn sie durch günstigere Hilfsmittel (im Falle von LASIK: Brille oder Kontaktlinsen) mit dem gleichen Ergebnis ersetzt werden könnte. Dass die LASIK-Operation zur Korrektur der Sehschwäche um ein Vielfaches teurer ist, ist also unerheblich.

Unter anderen hat jüngst das LG Frankfurt (Oder) deswegen eine Entscheidung eines Amtsgerichts abgeändert. Dieses hatte zunächst nur Kosten in Höhe von € 500,00 für erstattungsfähig gehalten, hiergegen wandte sich der Versicherungsnehmer dann erfolgreich mit seiner Berufung.

Was tun bei bereits erfolgter Ablehnung?

Hat der Versicherer bereits abgelehnt, so prüfen wir für unsere Mandanten zunächst, ob schon eine Verjährung eingetreten ist. In der Regel verjähren Ansprüche aus einem Krankenversicherungsvertrag nach zwei Jahren. Einige Gesellschaften haben die Verjährungsfrist jedoch auf drei Jahre ausgeweitet. Genaueres kann der Versicherungsnehmer zu diesem Punkt in seinem Versicherungsvertrag nachlesen. Es lohnt sich daher in jedem Fall noch einmal zu schauen, ob Rechnungen aus dem Jahre 2011 in jedem Fall aber aus dem Jahre 2012 unter unserer Zuhilfenahme jetzt noch einmal zur Erstattung eingereicht werden. Hierbei prüfen wir für Sie, ob eine Beitragsrückerstattung für das jeweilige Jahr gewährt wurde, falls dem so ist, müssen Kosten und Nutzen mit einander verglichen werden.

Tipp für den Fall, dass Sie eine LASIK Behandlung planen:

Wir empfehlen unseren Mandanten darauf zu achten, dass der Behandlungsvertrag mit dem Arzt und nicht mit einer GmbH oder einem Lasikzentrum zustande kommt. In einigen der uns vorgelegten Fälle haben die Krankenversicherer nämlich mit dem Argument abgelehnt, es läge keine versicherte Behandlung durch einen Arzt vor. Dieser Einwand ist zwar nicht immer stichhaltig, kann aber mit der empfohlenen Vertragsgestaltung von vorneherein umgangen werden.

2. Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlungen (künstliche Befruchtung)

Während die gesetzliche Krankenkasse gem. § 27 a SBG V die Hälfte der Behandlungskosten für die künstliche Befruchtung übernimmt, zahlen private Krankenversicherer (PKV) die gesamten Kosten. Eine Gesetzesinitiative (Kinderwunschförderungsgesetz), die zu einer Kostenübernahme von 75% für gesetzlich Versicherte geführt hätte, ist vom letzten Bundestag leider nicht mehr verabschiedet worden.

Die Voraussetzungen der Kostenübernahme seitens der gesetzlichen Krankenkasse und der privaten Versicherung sind nicht identisch. Der private Krankenversicherer übernimmt die Kosten der künstlichen Befruchtung nur, wenn sein Versicherter oder seine Versicherte die medizinische Ursache der Unfruchtbarkeit in sich trägt. Die gesetzliche Krankenkasse dagegen verlangt nur, dass das Ehepaar auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen kann.

Gelegentlich ist nun der eine Ehepartner in der GKV und der andere in der PKV versichert. Die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen führen nicht selten zu rechtlichen Problemen, die immer wieder an unsere Kanzlei herangetragen werden.

Bevor wir auf diese sogenannten Mischversicherungsfälle eingehen, sollen die unterschiedlichen Voraussetzungen der gesetzlichen Krankenkasse und der privaten Krankenversicherung zur Übernahme der Kinderwunschkosten dargelegt werden:

2.1 gesetzliche Krankenkassen

Da es sich bei den medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft im strengeren Sinne nicht um Leistungen zur Krankenbehandlung handelt, sind diese als solche ausdrücklich im Gesetz normiert. So knüpft § 27 a SGB V bestimmte Voraussetzungen an die Leistungserbringung der Krankenkasse, die das kinderlose Paar erfüllen muss.

Persönliche Voraussetzungen

Eingangsvoraussetzung ist ein Mindestalter der versicherten Person von 25 Jahren. Handelt es sich bei der versicherten Person um eine Frau darf diese nicht älter als 40 Jahre, der Mann, wenn er Versicherter ist, darf nicht älter als 50 Jahre alt sein. Die Altersgrenzen sind aber immer nur auf diejenige Person, die von ihrer gesetzlichen Krankenkasse die Leistung begehrt, anzuwenden. Ist die Altersgrenze vom Ehepartner über- oder unterschritten, kann der Anspruch des gesetzlich versicherten Partners, der die Altersgrenzen erfüllt, dennoch gegeben sein. Für den Anspruch auf Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung muss das Paar verheiratet sein. Zudem dürfen für die künstliche Befruchtung ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden. Die Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung der Leistungspflicht auf Ehepaare ist vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 28.02.2007, 1 BvL 5 /03) bereits vor Jahren bestätigt worden. Das Bundessozialgericht hat im Jahre 2009 klargestellt (BSG, 03.03.2009, B 1 KR 12/08 R; 25.06.2009, B 3 KR 7/08 R und 9/08 R), dass auch die Altersgrenzen dem Grundgesetz nicht widersprechen.

Medizinische Voraussetzungen

Die beabsichtigte Kinderwunschbehandlung muss nach ärztlicher Feststellung medizinisch erforderlich sein, um die gewünschte Schwangerschaft herbeizuführen. Dies wird von den Sozialgerichten dann bejaht, wenn andere Maßnahmen der Krankenbehandlung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.

Die einzelnen medizinischen Voraussetzungen sind in der „Richtlinien über künstliche Befruchtung", die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassen wurden, niedergelegt. Dort regelt die Nr. 6 zum Beispiel, dass bei beiden Ehepartner der HIV- Status bekannt – will sagen - negativ sein muss. Bei der Frau muss des Weiteren ein ausreichender Schutz gegen Infektionen (insbesondere Röteln) bestehen.

Seitens des Bundessozialgerichts ist zwischenzeitlich auch geklärt worden, dass der Anspruch auf Leistungserbringung nicht gegeben ist, wenn die Kinderlosigkeit des Ehepaares auf der zu einem früheren Zeitpunkt von einem Ehepartner bewusst und gewollt herbeigeführten Sterilität beruht (BSG, 12.11.1985, 3 RK 48/83; BSG, 22.03.2005, B 1 KR 11/03 R; BSG, 21.06.2005, B 8 KN 1/04 KR R).

Erforderlich ist eine hinreichende Erfolgsaussicht der Maßnahme zur Herbeiführung der Schwangerschaft. Die Leistungserbringung der Krankenversicherung ist deswegen auf drei erfolglose Versuche einer Maßnahme beschränkt. Im Einzelfall dürfen die Krankenkassen die Erstattung der Kosten auch bereits vorher mangels Erfolgsaussicht verwehren.

Die medizinische Erforderlichkeit muss durch einen Arzt festgestellt werden. Welcher Arzt diese Feststellung trifft, ist für die Krankenkasse unerheblich. Diese darf in Zweifelsfällen auch den Medizinischen Dienst die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfen lassen. An das Urteil des behandelnden Arztes ist die Krankenkasse nicht gebunden. Vor Gericht muss die Erforderlichkeit im Zweifelsfall durch einen unabhängigen Sachverständigen nachgewiesen werden.

Formelle Voraussetzungen

§ 27a Abs. 1 Nr. 5 SGB V verlangt, dass sich das Ehepaar vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte unterrichten und an einen solchen Arzt, der den Eingriff durchführen darf, überweisen lassen. Dies gilt nicht bei Inseminationen, bei denen kein Stimulationsverfahren durchgeführt und bei denen dadurch kein erhöhtes Risiko von Mehrlingsgeburten besteht.

Vor Beginn der Behandlung muss der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorgelegt werden. Dieser enthält alle Angaben zu den bisher genannten Voraussetzungen sowie zu den beabsichtigten Maßnahmen und deren voraussichtlichen Kostenumfang. Der Behandlungsplan wird vom behandelnden Arzt erstellt. Die Genehmigung wird dann gegenüber dem Versicherten rechtsverbindlich erteilt oder abgelehnt. Diese rechtsverbindliche Entscheidung der Krankenversicherung stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den binnen eines Monats Widerspruch erhoben werden muss.

Art und Umfang der Kostenübernahme

In der Nr. 10 der obigen Richtlinie ist niedergeschrieben, welche Verfahren der künstlichen Befruchtung genehmigungsfähig sind. Dies sind u. a. verschiedene Inseminationsverfahren sowohl mit als auch ohne vorherige Stimulationen, die In-Vitro- Fertilisation (IVF), intratubarer Gameten-Transfer (GIFT) und die intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).

Erbracht werden Leistungen für sämtliche Untersuchungen und Behandlungen, die unmittelbar auf die Auslösung einer Schwangerschaft zielen - diese sind in Nr. 12 der Richtlinien dargelegt. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt dann 50% der Kosten, für Maßnahmen, die am Körper des eigenen Versicherten durchgeführt werden.

Man spricht insoweit vom Körperprinzip, welches Maßnahmen, die am anderen Ehegatten vorgenommen werden, ausschließt. Nicht geregelt ist, wer die extrakorporalen Behandlungsmaßnahmen und die Beratungs- und Unterrichtungsleistungen trägt. Dies hängt dann davon ab, wie der andere Ehegatte versichert ist und bei welchem Teil des Paares die zur Sterilität führende Störung vorliegt. Hierauf kommen wir später noch einmal zu sprechen.

2.2 private Krankenversicherer

Anders als bei den gesetzlichen Krankenkassen ist der Versicherungsfall hier nicht im Gesetz, sondern in erster Linie in den Musterbedingungen/Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) beschrieben.

Persönliche Voraussetzungen

Zunächst erscheinen die persönlichen Voraussetzungen, die auf Seiten des privat Versicherten zu erfüllen sind, weniger streng als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Es gelten zum Beispiel keine starren Altersgrenzen. Allerdings müssen die privaten Versicherer die Kosten der Kinderwunschbehandlung gemäß § 1 Abs. 2 MB/KK nur bei „medizinisch notwendigen Heilbehandlungen" erstatten. Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenkasse muss die Kinderlosigkeit also auf eine organisch bedingte Störung des Versicherten zurückzuführen sein (BGH, 17.12.1986, IVa ZR 78/85). Diesbezüglich obliegt die volle Beweislast dem Versicherten.

Kann bei einem kinderlosen Paar also keine biologische Beeinträchtigung gefunden werden (so genannte idiopathische Sterilität), besteht keine Pflicht zur Kostenübernahme durch die private Krankenversicherung (OLG München, 26.06.2007, 25 U 5263/06; 23.11.2004, 25 U 3379/04).

Eine Pflicht des privaten Krankenversicherers zu Übernahme der Kosten ist auch dann nicht gegeben, wenn der privat versicherte Teil des Paares gesund ist und der Kinderwunsch aufgrund der Fortpflanzungsunfähigkeit des Partners nicht verwirklicht werden kann (BGH, 12.11.1997, VI ZR 58/97).

Besteht allerdings die Diagnose einer organisch/körperlich bedingten Subfertilität des privat Versicherten, dann ist dessen private Versicherung im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung zur Übernahme der gesamten Kosten für alle von der Behandlung umfassten Maßnahmen verpflichtet, also auch von solchen Maßnahmen, die extrakorporal oder am Körper des nicht privat versicherten Ehepartners vorgenommen werden. Im Unterschied zum „Körperprinzip" der gesetzlichen Krankenversicherung gilt in der privaten Krankenversicherung demnach das so genannte „Verursacherprinzip" (BGH, 03.03.2004, VI ZR 25/03).

Über die Frage, ob das Paar verheiratet sein muss oder nicht, existiert eine sehr kontroverse Rechtsprechung. Während einige Gerichte den gesamten Erstattungsanspruch nur verheirateten Paaren zusprechen (LG Düsseldorf, 08.02.2007, 11 O 297/06; LG Köln, 17.01.2007, 23 O 196/06), sehen andere Gerichte die Ehe nicht als Voraussetzung für den Leistungsanspruch in der privaten Krankenversicherung an (LG Berlin, 24.02.2004, 7 O 433/02; LG Dortmund, 10.04.2008, 2 O 11/07). Das Urteil des Landgerichts Dortmund bestätigt die Erstattungspflicht sogar für eine heterologe IVF. Eine solche Maßnahme wurde zuletzt von einem anderen Landgericht wiederum nicht als ersatzfähig angesehen (LG Mannheim, 28.08.2009, 1 S 78/09).

Höchstrichterlich sind diese Fragen noch nicht entschieden.

Anders sieht es bei der ebenfalls lange Zeit kontrovers diskutierten und unterschiedlich beurteilten Konstellation aus, bei dem ein Paar, welches schon Kinder hat, die Kostenübernahme für eine künstliche Befruchtung begehrt. Diesbezüglich entschied der Bundesgerichtshof, dass ein bereits vorhandenes gemeinsames Kind kein Ausschlusskriterium für den Anspruch gegen die private Krankenversicherung darstellt (BGH, 12.07.2006, IV ZR 173/05; 21.09.2005, BGHZ 164, 122). Dies wird übrigens von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für die gesetzlich Versicherten genauso gesehen (BSG, 03.04.2001, B 1 KR 40/00 R).

2.3 Beteiligung mehrerer Kostenträger

Unproblematisch ist die Situation, wenn beide Ehegatten in derselben gesetzlichen Krankenkasse sind. Sie haben dann gemeinsam als Paar einen Anspruch auf Erstattung sämtlicher Kosten zu 50 %. Ähnlich einfach ist die Situation bei Ehegatten in verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen. Die Krankenkassen vereinbaren untereinander, wer welche Kosten übernimmt. Hierzu wurden Vorgaben in Nr. 3 der Richtlinien über die künstliche Befruchtung sowie ein gemeinsames Rundscheiben der Spitzenverbände der Krankenkassen erstellt.

Zu Schwierigkeiten kann es kommen, wenn der deine Partner in der gesetzlichen Krankenkasse und der andere in der privaten Krankenversicherung ist. Da bei der einen Versicherung das bereits beschriebene Körperprinzip und bei der anderen das Verursacherprinzip gilt. Vereinfacht ausgedrückt sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Der Ehemann ist in der privaten Krankenversicherung und gleichzeitig Verursacher der Kinderlosigkeit, die Ehefrau dagegen ist in der gesetzlichen Krankenkasse.

Es gilt das Verursacherprinzip und die private Krankenversicherung des Mannes hat die Gesamtbehandlungskosten des Mannes und seiner Ehefrau zu erstatten.

Die Frau hat bezüglich der an ihrem Körper entstehenden Kosten einen eigenen Anspruch auf Kostenübernahme gegen ihre gesetzliche Krankenversicherung im Umfang von 50% der Behandlungskosten. Wie die Konkurrenz beider Ansprüche aufzulösen ist, ist bisher nicht abschließend geklärt.

Es gibt allerdings keine Unterscheidung in Haupt- oder Nebenverursachung. Wer erkrankt ist, erhält im versicherten Umfang die sich aus der Krankheit ergebenden Behandlungskosten erstattet, unabhängig davon, ob die Partnerin/der Partner ebenfalls erkrankt ist. Es besteht keine Verpflichtung, eine Krankenversicherung oder Krankenkasse der Partnerin/des Partners in Anspruch zu nehmen. Die Behandlung zählt als Gesamtbehandlung. Eine Aufteilung in Behandlungskosten, die vermeintlich der Frau oder dem Mann zuzurechnen sind, findet nicht statt.

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH IV ZR 25/03 und IV ZR 133/05) ist es für die Geltendmachung der Kostenerstattungsansprüche des Ehemanns gegenüber seinem privaten Versicherer also unbedeutend, ob seiner Frau ein eigenen Anspruch gegen ihre gesetzliche Krankenkasse zusteht.

Der Ehemann ist in der privaten Krankenversicherung, seine Ehefrau dagegen ist in der gesetzlichen Krankenkasse und Verursacherin der Kinderlosigkeit.

Mangels Verursachung hat der Mann keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber seiner privaten Krankenversicherung. Die Frau hat einen Anspruch auf Kostenübernahme bezüglich ihrer Kosten und der extrakorporalen Kosten in Höhe von 50% gegen ihre gesetzliche Krankenversicherung.

Die Ehefrau ist in der privaten Krankenversicherung und Verursacherin, ihr Ehemann ist in der gesetzlichen Krankenkasse

In dieser Konstellation hat die Frau gegen ihre private Krankenversicherung einen Anspruch auf Kostenübernahme der gesamten Behandlungskosten für sich und ihren Ehemann.

Die Ehefrau ist in der privaten Krankenkasse, der Ehemann ist in der gesetzlichen Krankenkasse und Verursacher

Mangels Verursachung hat die Frau keinen eigenen Anspruch gegen ihre private Krankenversicherung auf Kostenerstattung. Der Mann hat einen Anspruch auf Kostenübernahme bezüglich seiner Kosten und der extrakorporalen Kosten in Höhe von 50% gegen seine gesetzliche Krankenversicherung

Die Ehefrau ist in der privaten Krankenkasse, der Ehemann ist in der gesetzlichen Krankenkasse und beide sind Verursacher

Tragen beide Eheleute die Ursache der Kinderlosigkeit in sich und fand auf Grund der Befunde der Frau bereits eine In-Vitro-Fertilisation (IVF) statt und ist auf Grund der Befunde des Mannes eine intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) notwendig, dann hat die Frau gegenüber ihrer privaten Krankenversicherung einen Anspruch auf Kostenübernahme der mit der IVF verbundenen Kosten und der Mann einen Anspruch gegen seine gesetzliche Krankenversicherung auf Übernahme der ICSI-Kosten in Höhe von 50%.

Die oben dargestellte Ungleichbehandlung von privat und gesetzlich Versicherten wurde von den Gerichten als verfassungskonform anerkannt. Sie wird damit gerechtfertigt, dass der Staat keinerlei Verpflichtung dazu hat, aus den von der Gemeinschaft finanzierten Beiträgen die Entstehung einer Familie überhaupt mit Mitteln der künstlichen Befruchtung zu unterstützen. Ihm stehe daher freier Gestaltungsspielraum bei der Förderung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu, somit auch die Beschränkung auf eine Teilförderung (BVerfG 27.02.2009, 1 BvR 2982/07; LSG Berlin- Brandenburg, 10.06.2009, L 9 KR 21/06).

Tipps für den Fall, dass Kinderwunschbehandlungen von dem privaten Krankenversicherer nicht bezahlt werden

Wenn im Übrigen alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist es grundsätzlich nicht erforderlich, vor Verhandlungsbeginn eine Zustimmung des privaten Krankenversicherers einzuholen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Leistungszusage als nur möglich in Aussicht gestellt wird. Eine solch intransparente Tarifklausel ist unwirksam, wie das OLG Zweibrücken in einer rechtskräftigen Entscheidung festgestellt hat. Wenn der Versicherer allein wegen der nicht im Vorfeld der Behandlung erteilten Leistungszusage eine Kostenübernahme verweigert, haben Sie gute Chancen der Ablehnung mit Erfolg zu widersprechen. Sie sollten sich insoweit auf das OLG Zweibrücken (1 U 78/11, 14.12.2011) berufen.

Manchmal verlangen die privaten Krankenversicherer Informationen über den Partner, obwohl nur der andere Partner privat versichert ist. In der Tat darf ihr privater Versicherer um Bekanntgabe der wesentlichen medizinischen Daten auch des Partners verlangen, um das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen (Erkrankung des Versicherten, hinreichende Erfolgsaussicht von mindestens 15% pro Embryo-Transfer) überprüfen zu können. Es besteht darüber hinaus aber keine Verpflichtung zur Übermittlung sonstiger Unterlagen aus dem Versicherungsverhältnis des Partners. Dies betrifft sämtlichen Schriftverkehr, Anträge und Bescheide. Keineswegs darf der private Krankenversicherer seine Kostenübernahme davon abhängig machen, dass eine generelle Befreiung von der Schweigepflicht erteilt wird.

Der private Krankenversicherer kann seine Einstandspflicht nicht auf eine bestimmte Anzahl von Behandlungszyken beschränken. Eine Leistungsvoraussetzung der Kinderwunschbehandlung ist aber, dass eine 15%ige Erfolgsaussicht auf das Erlangen einer klinischen Schwangerschaft vorliegt. Solange diese Erfolgsaussicht gegeben ist, sind die Behandlungskosten zu erstatten. Es gibt im Bereich der privaten Krankenversicherung keine pauschale Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl von Versuchen. Wie der BGH (BGH IV ZR 113/04 und IV ZR 133/05) mehrfach entschieden hat, sind vorgenommene Pauschalbegrenzungen nicht statthaft. Abweichende Regelungen in den Tarifen sind allerdings möglich.

Es gibt des Weiteren keine Begrenzung der Erstattungsfähigkeit der zu behandelnden Eizellen pro Behandlungszyklus. Eine solche Begrenzung lässt sich auch aus dem Embryonenschutzgesetz nicht herleiten. Die von vielen Versicherern pauschal vorgenommene Einschränkung auf 5 oder 6 Eizellen pro Zyklus ist unzulässig. Die Behauptung der fehlenden medizinischen Notwendigkeit der Behandlung von mehr als 6 Eizellen unter Berücksichtigung der „Dreierregel" des Embryonenschutzgesetzes ist eine reine Erfindung der privaten Versicherungswirtschaft, die weder in der Rechtsprechung noch in der Wissenschaft jemals Rückhalt gefunden hat. Die Problematik berührt einen wesentlichen Kostenpunkt der ICSI-Behandlung. Betroffen sind hier die jeweils analog anzuwendenden GOÄ-Gebührenziffern 1114 und 4873. Je nach Abrechnungsweise kann es hier zu Kosten von bis zu 350,00 € pro Eizelle kommen, so dass die Frage, wie viele Eizellen zu Lasten der Versicherung behandelt werden können, für den Patienten von essentieller Bedeutung ist und für die Krankenversicherer von erheblichem wirtschaftlichen Interesse. In der Rechtsprechung ist diese Fragestellung mittlerweile zu Lasten der Versicherungen dahingehend geklärt, dass es grundsätzlich und immer medizinisch notwendig ist, alle vorhandenen Eizellen zu gewinnen, auf ihren Reifegrad zu überprüfen und alle geeigneten Eizellen auch der ICSI-Behandlung zu unterziehen. Anzuführen sind insoweit die Urteile des LG Saarbrücken/München/Köln/Lüneburg/Berlin, Urteile OLG Celle/Köln.

Es besteht gegenüber der eigenen PKV keine Verpflichtung, zusätzlich die Krankenversicherung der Partnerin/des Partners in Anspruch zu nehmen. Insbesondere kann man nicht gegen Obliegenheitspflichten verstoßen oder sein eigenes Versicherungsverhältnis gefährden, wenn man nur die eigene PKV und keine andere Versicherung für die Behandlungskosten in Anspruch nimmt. Dieser Anspruch besteht unabhängig von möglichen Ansprüchen des Partners/ der Partnerin gegenüber seiner/ ihrer Versicherung.

Es gibt bei der PKV keinen ausdrücklichen Leistungsausschluss für unverheiratete Paare. Die entsprechende Rechtsfrage ist allerdings zurzeit noch nicht abschließend geklärt, da der Bundesgerichtshof (BGH) bisher diese Frage noch nicht entschieden hat. Die überwiegende Anzahl der Zivilgerichte gestehen jedoch unverheirateten Paaren ohne Einschränkung Leistungsansprüche gegenüber der PKV zu. Sozialrechtliche Bestimmungen und Urteile der Sozialgerichte haben keinen Einfluss auf die Pflichten der PKV.

Die Leistungspflichten der PKV regeln sich ausschließlich unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten. Die zuständigen Gerichte sind hier ausschließlich die Zivilgerichte mit dem BGH als oberste Instanz. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte, insbesondere des Bundessozialgerichts (BSG), betrifft ausschließlich die GKV. Sie ist bedeutungslos für die Leistungspflichten der PKV.

Eine Antragspflicht vor Behandlungsbeginn besteht im System der privaten Krankenversicherung grundsätzlich nicht, sofern dies nicht im Versicherungsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde. Insbesondere mit Hinblick auf das Alter der Frau sollte immer abgewogen werden, ob das mit Sicherheit langwierige Erstreiten einer Genehmigung nicht absolut kontraproduktiv ist.

Manchmal verweigern die privaten Krankenversicherer mit dem Argument, eine erfolgreiche künstliche Befruchtung bereits bezahlt zu haben, die Kosten für einen weiteren Kinderwunsch. Das entspricht nicht mehr dem Stand der Rechtsprechung. Höchstrichterlich wurde entschieden, dass allein das Paar das Recht hat zu entscheiden, wie viele Kinder es sich wünscht. BGH IV ZR 113/04, BGH IV ZR 173/05, BGH IV ZR 133/05

Es gibt keine festen Altersgrenzen. Bei Maßnahmen der assistierten Reproduktion muss die Erfolgsaussicht hinsichtlich des Eintritts einer klinischen Schwangerschaft wenigstens 15% betragen. Diese muss anhand bestimmter Kriterien von den behandelnden Ärzten attestiert werden.BGH IV ZR 113/04

3. Zahnarztbehandlungen (insbesondere Zahnersatz durch Implantate)

Köln ist einer der führenden deutschen Versicherungsstandorte. Viele versicherungsrechtliche Streitigkeiten wurden daher früher in Köln ausgetragen. Am 13.07.1995 errangen die dortigen Versicherer beim OLG Köln ein Urteil, nach welchem die Versicherer ihre Kunden, die Zahnimplantate wünschen, auf preiswertere Behandlungen verweisen dürfen. Preiswerter als ein Implantate ist eine herkömmliche in der Regel teleskopkronengetragene Versorgung, die herausnehmbar ist.

Die Versicherer stellten sich auf den Standpunkt, dass Implantate Luxus seien, wenn die Behandlungskosten das Doppelte der Kosten einer konservativen, herausnehmbaren prothetischen Versorgung übersteigen. Die Übernahme der Kosten von Implantaten wurde von den Versicherern daher lange Jahre abgelehnt. Der Bundesgerichtshof entschied aber in seiner hier bereits mehrfach zitierten bahnbrechenden Entscheidung für die Patienten am 12.03.2003 (BGH Az IV ZR 278/01), dass dies falsch ist.

Er erteilte der Auffassung, dass eine Heilbehandlung nicht nur nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen im Zeitpunkt der Behandlung, sondern zusätzlich unter Kostenaspekten vertretbar sein müsse, eine klare Absage.

Eine zahnmedizinisch notwendige Implantatversorgung muss also tarifgemäß bezahlt werden. Die Kosten einer konservativen Versorgung dürfen nicht gegengerechnet werden.

4. Kostenübernahme für Krankenhausbehandlung in bestimmten Kliniken und Kuranstalten

Krankenhäuser, die im Bettenbelegungsplan der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen sind, berechnen ihre Vergütung nach der Bundespflegesatzverordnung und dem Krankenhausentgeltgesetz. Die Bundespflegesatzverordnung regelt u.a. die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen so zum Beispiel die sog. Fallpauschalen, während das Krankenhausentgeltgesetz Wahlleistung, wie zum Beispiel die freie Arztwahl, das Zweibettzimmer und vieles mehr behandelt. Privatkliniken dagegen müssen sich nicht an die Bundespflegesatzverordnung halten und können wesentlich höhere Rechnungsbeträge abrechnen.

Der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) ist am 21.04.2011 vor dem BGH mit dem Versuch gescheitert, es einem öffentlich rechtlichen Plankrankenhaus zu versagen, im Wege von Ausgründungen eine Privatkrankenanstalten zu betreiben (BGH III ZR 114/10). Diese Rechtsprechung stärkt privat Krankenversicherte, da sie auf einer Linie mit dem bereits oben angesprochenen Urteil des BGH vom 12.03.2013 (BGH IV ZR 278/01) liegt. Die privaten Krankenversicherer dürfen allein wegen der hohen Kosten eine Erstattung der Krankenhauskosten in privaten Kliniken und Kuranstalten nicht verweigern.

5. Zahlung von Krankentagegeldern

In der Krankentagegeldversicherung kommt es für den Versicherungsfall darauf an, dass der Versicherungsnehmer arbeitsunfähig ist. Gem. § 1 der Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

In einem vom BGH (IV ZR 129/06) zu beurteilenden Fall hatte ein Architekt sich mehrmals während des Krankentagegelbezugs zu Akquisitionszwecken mit potentiellen Kunden getroffen. Der BGH urteilte, dies sei zwar wegen des Erfordernisses gem. § 1 MB/KT eine unerlaubte Tätigkeit, rechtfertige aber eine Kündigung nicht. Allerdings hatte der Architekt das an diesen Tagen bezogene Krankentagegeld zu erstatten.

In einem anderen Fall ging es darum, dass der Versicherte zwar arbeitsunfähig war, ihm vom Arbeitgeber während der Krankheit jedoch gekündigt worden ist. Der Versicherer wurde vom BGH verurteilt zu zahlen (BGH, AZ. IV ZR 219/06). Auch wenn das Einkommen vorübergehend wegfällt, weil man sich beruflich umorientiert, berechtigt dies nicht die private Krankenversicherung die Zahlung von Krankentagegeld eines erkrankten Kundens einzustellen (BGH Az. IV ZR 259/08).

Das Attest bzw. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss der Krankentagegeldversicherung unverzüglich eingereicht werden, sonst verfällt der Anspruch auf das vereinbarte Tagegeld, weil dies ein Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Obliegenheitspflicht ist (LG Coburg Az. 13 O 864/06).

Hat die die private Krankenversicherung keinen Anhaltspunkt für den unrechtmäßigen Erhalt des Krankentagegeldes, ist es ihr untersagt, einen Privatdetektiv einzuschalten (LG Dortmund Az. 2 0 71/07)

Arbeitsunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung nicht nachgehen kann. Daher ist der Versicherer nicht berechtigt, den Versicherungsnehmer auf so genannte Vergleichsberufe oder gar auf sonstige, auf dem Arbeitsmarkt angebotene Erwerbstätigkeiten zu verweisen (BGH Az. IV ZR 137/10)

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